Employer Branding bedeutet, die natürliche Selbstselektion neuer Talente zu fördern

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Von Bastian Schneider und Rahel Steppacher

Wie steht es um die Arbeitgebermarke Ihres Unternehmens? Gelingt es Ihnen, die richtigen Mitarbeitenden effizient zu gewinnen? Bleiben diese auch langfristig an Bord, übernehmen Verantwortung und bringen Ihr Unternehmen weiter? Viel zu viele Unternehmen müssen diese Fragen mit „keine Ahnung“ oder „leider nein“ beantworten. Aber der Handlungsdruck wächst. Im «war for talents» kann man es sich nicht länger erlauben, seine Arbeitgebermarke zu vernachlässigen. 

Nachwuchs anlocken wird immer anspruchsvoller

Viele Unternehmen kämpfen heute um neue Mitarbeitende wie um neue Kunden. Eine Umfrage des Bundesamts für Statistik ergab, dass 32% der Unternehmen Rekrutierungsprobleme haben. Und die demographische Entwicklung wird diese noch verschärfen. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente und müssen am Arbeitsmarkt ersetzt werden. Von wem? Besonders kritisch wird es bei Fachkräften sowie beim Führungsnachwuchs zwischen 30 und 45 Jahren. Doch damit nicht genug. Im Rhythmus der sich globalisierenden Märkte steigen die Anforderungen an Qualifikation und Leistung der Mitarbeitenden. Aus der immer kleineren Grundgesamtheit potenzieller Kandidaten eignen sich immer weniger wirklich für den Job. Wie soll man darauf reagieren? Die Anforderungen senken und Kompromisse machen? Sicher nicht! 

Und selbst wenn es gelingt, aussichtsreiche High-Potentials als neue Mitarbeiter zu gewinnen: Was dann? Machen die neuen Kräfte dann bei Ihnen im Haus lebenslang Karriere als Fahnenträger Ihrer unternehmerischen Ambitionen? Wie man weiss, tickt da die neue Generation Y völlig anders. Geboren Ende der 70er- bis Ende 90er-Jahre, stellt sie neue Ansprüche an Arbeit und Arbeitgeber. Gut ausgebildet, optimistisch und selbstbewusst gehen viele davon aus, dass sie eigentlich alles erreichen können, was sie wollen. Ständig auf der Suche nach neuen Inspirationen und Herausforderungen, haben sie im Vergleich zu ihren Eltern eine neues Loyalitätsverhalten: deutlich illoyaler gegenüber dem Arbeitgeber als Institution. Loyal dafür gegenüber ihrer Aufgabe und ihrem Team. Leistungsorientiert zeigen sie hohes Commitment für ihre Projekte. Aber nur solange sie den Sinn darin sehen, es Spass macht, sie etwas lernen und ihr Privatleben nicht unter der Arbeitsbelastung leidet.

Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie diese neuen Herausforderungen nicht mehr mit den Mitteln der Vergangenheit lösen können und setzen bei der Rekrutierung und Motivation ihrer Mitarbeitenden vermehrt auf Employer Branding.

Professionelles Employer Branding hilft

Employer Branding ist die Entwicklung eines unmissverständlichen Arbeitgeberprofils eines Unternehmens und die sich daraus ableitende Schaffung einer intern und extern konsistenten Arbeitgeberwelt. Kern ist dabei ein klares Arbeitgebermarkenversprechen (Employer Value Proposition), das deutlich macht, wofür das Unternehmen als Arbeitgeber steht und was man als Mitarbeitender erwarten kann. 

Diese Positionierung bewirkt, dass das Unternehmen als Arbeitgeber genau bei den Menschen an Attraktivität gewinnt, die potenziell auch gut zum Unternehmen passen und gesucht werden. Prinzipiell gilt dabei: je schärfer positioniert, desto grösser die Attraktivität bei den richtigen Leuten. Und desto kleiner bei Personen, die nicht so gut zum Unternehmen passen. Employer Branding fördert diese Selbstselektion bei der Mitarbeitergewinnung – und senkt die Rekrutierungskosten. Zum Beispiel bewerben sich aufgrund eines starken Employer Brands bei der Unternehmensberatung McKinsey vornehmlich analytisch hochtalentierte, leistungsbereite und karriereorientierte Personen.

Ein gutes Employer Branding wirkt aber auch auf die bestehenden Mitarbeiter. Wenn das Arbeitgebermarkenversprechen intern glaubwürdig gelebt wird, stärkt dies Identifikation und Loyalität. Studien belegen das. Die Verbleibdauer der Mitarbeitenden und damit der «Return on Development» lässt sich um bis zu 50% steigern.

Das spüren auch die Kunden auf positive Art und Weise. Und davon profitiert wiederum das Image des Unternehmens. Viele Studien belegen diesen Zusammenhang zwischen Mitarbeiter-Commitment, Kundenzufriedenheit, Markenwert und Geschäftserfolg. Employer Branding fördert so die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Nicht nur indem es dabei hilft, das Problem des Fachkräftemangels zu beheben. Sondern auch durch den nicht zu unterschätzenden positiven Effekt motivierter Mitarbeiter auf den Unternehmenserfolg.

Eine starke Arbeitgebermarke aufbauen

Um eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen und sich ihre positiven Effekte zunutze zu machen, bedarf es einer strategischen Entwicklung, in der das Unternehmen mithilfe eines klaren Arbeitgebermarkenversprechens (= Employer Value Proposition) als Arbeitgeber positioniert wird. Diese strategische Positionierung sollte folgende drei Anforderungen erfüllen:

  1. Charakteristisch — Das Employer Branding ist Teil des Corporate Branding. Eine Arbeitgebermarke ist keine neue Marke, sondern Teil der Unternehmensmarke. Die Arbeitgebermarkenstrategie muss somit aus der bestehenden Unternehmensmarke und der gelebten Identität herausgearbeitet werden und stimmig zu dieser sein.

  2. Relevant — Ein Unternehmen muss nicht attraktiv für alle Arbeitnehmer sein, sondern im Gegenteil nur für die richtigen. Die Positionierung eines Arbeitgebers muss somit auf die relevante Zielgruppe, die «Right Potentials», zugeschnitten sein.

  3. Differenzierend — Ein Arbeitgeber muss im «war for talents» deutlich machen, was ihn substanziell unterscheidet von all den anderen Unternehmen. Das Arbeitgebermarkenversprechen sollte deshalb mutig und einzigartig sein. Es sollte sich nicht einklinken in den üblichen und erwartbaren Botschaften-Mix der Konkurrenz im Arbeitsmarkt.

Um ein derartig spezifisches, relevantes und einzigartiges Arbeitgebermarkenversprechen zu finden, das ein Unternehmen auch glaubwürdig und langfristig einsetzen kann, kommt man nicht an einem systematischen, analytischen Prozess vorbei. Dieser dauert erfahrungsgemäss je nach Grösse und Komplexität des Unternehmens zwischen 2 und 6 Monaten. Oberflächliche Schnellschüsse rächen sich i.d.R. zu einem späteren Zeitpunkt und verursachen am Ende auch deutlich höhere Kosten.

Denn es gilt wirklich herauszufinden, was das Unternehmen als Arbeitgeber auszeichnet und besonders macht. Und das geht nur, indem man voll eintaucht in Unternehmensidentität, Kultur, Arbeitgeberleistungen, Wettbewerber, Marktentwicklungen und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Erst durch die Verdichtung der Analyseresultate erkennt man, was das Unternehmen als Arbeitgeber für seine Zielgruppe besonders macht. 

Diese Besonderheit gilt es in einer übergreifenden Idee, einem prägnanten Positionierungsstatement mit einem klaren Arbeitgebermarkenversprechen auf den Punkt zu bringen. Für maximale Wirkung sollte diese Idee nicht konstruiert sein. Im Idealfall ist sie vernetzt mit einem kulturellen Vorstellungsbild, ganz einfach, selbstverständlich und gerade deshalb kraftvoll. Wie zum Beispiel: «Developing global leaders.» für McKinsey, «Freedom takes courage. We take the courageous.» für Mars oder «Make Coca-Cola happen every day.» für das Unternehmen Coca-Cola HBC Schweiz.

Diese Positionierungsidee ist dann in einem nächsten Schritt in kommunikative Botschaften, eine visuelle Erscheinung und externe sowie interne Kommunikationsmassnahmen zu überführen. Alle Rekrutierungs-Touchpoints, wie Jobinserate, Webseite, Job-Messen-Auftritt oder Arbeitgeber-Imagekampagnen sowie interne Massnahmen müssen konsistent entwickelt und implementiert werden. Bei Mars beispielsweise wurde die Freiheit und Grenzenlosigkeit konsequent auch auf die Arbeitsumgebung adaptiert. Private Büros wurden abgeschafft, um eine offene Kommunikation auch räumlich zu fördern, und das bis in die oberste Führungsebene. Denn nicht mal mehr der CEO verfügt über ein eigenes, privates Büro.

Für langfristigen Erfolg ist der Employer Brand intern bei den Mitarbeitenden zu verankern, damit sie zu Botschaftern werden und das Arbeitgebermarkenversprechen nach aussen tragen. Zu diesem Zweck sollten Employer Branding und interne Unternehmenskommunikation eng zusammenarbeiten. Aber auch die Arbeits- und Führungskultur kann mithilfe des Employer Brands reflektiert und weiterentwickelt werden. Das Konsumgüterunternehmen Procter & Gamble schreibt zum Beispiel sein Arbeitgebermarkenversprechen «Built from within» nicht nur auf die Jobinserate, sondern setzt es glaubhaft intern um. Das Versprechen, dass man bei P&G nicht nur für einen Job, sondern für eine Karriere angestellt wird, wird gelebt. Der Nachwuchs wird aktiv gefördert und Führungskräfte werden vornehmlich intern rekrutiert.

Fazit

Damit eine Arbeitgebermarke ihre volle Wirkung entfaltet und das Unternehmen grösstmögliche Anziehungskraft im Arbeitgebermarkt aufbauen kann, ist eine professionelle, konsequente Markenführung unerlässlich. Die Arbeitgebermarke sollte an allen Berührungspunkten, intern wie extern, attraktiv und glaubwürdig gelebt werden – für ein effizientes Recruiting, motivierte Mitarbeiter und die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens.